Zur Geschichte der Hypnose:
Der Hypnoseforscher Clark L. Hull (Teil 7)

In Teil 7 der Reihe zur Geschichte der Hypnose richtet sich das Augenmerk auf das erste Drittel des 20. Jahrhunderts.

Die Wissenschaft setzte ihre Schwerpunkte um die Jahrhundertwende auf anderen Gebieten und die Forschungen zur Hypnose stagnierten. Einige Wissenschaftler waren allerdings weiterhin vom großen Nutzen der Hypnose überzeugt und führten ihre Untersuchungen lohnend fort.

Der französische Philosoph, Psychiater und Psychotherapeut Pierre Janet (1859-1947) verfolgte die Richtung Sigmund Freuds, der das Nebeneinander von Bewusstsein und Unterbewusstsein sowie deren gewinnbringende Trennung in hypnotischer Trance propagiert hatte. Janet vertrat in seinen Theorien die Ansicht, dass Probleme in das Unterbewusstsein verdrängt werden können und dort gefährlich schlummern. Die Hypnose begriff er als Chance, sie wieder in das Bewusstsein zurückzuholen und zu lösen. Um 1919 lenkte aber auch er – wie vormals Freud – seinen Fokus auf andere Ebenen und gilt heute als Begründer der modernen dynamischen Psychiatrie sowie als Wegbereiter der modernen Psychotherapie und -traumatologie. Janet war allerdings davon überzeugt, dass Hypnose in Zukunft wieder Geltung erlangen und zum anerkannten Forschungsgegenstand der Wissenschaft werden würde. Er sollte recht behalten.

In Amerika hielt derweil insbesondere der Psychologe, Psychiater und Psychopathologe Boris Sidis (1867-1923) das akademische Interesse an der Hypnose aufrecht, in Großbritannien war es herausragend der schottische Chirurg und medizinische Hypnotiseur John Milne Bramwell (1852-1925). Beide schrieben einflussreiche Werke zum Thema: Sidis veröffentlichte „The Psychology of Suggestion“ (1898), Bramwell „Hypnotism: Its History, Practice and Theory“ (1903).

Ihnen folgte einer der angesehensten Psychologen seiner Zeit: der US-Amerikaner Clark L. Hull (1884-1952). 1918 an der University of Wisconsin promoviert, widmete er seine Studien in den folgenden 15 Jahren zum Großteil dem Forschungsgegenstand Hypnose. Hulls Buch „Hypnosis and Suggestibility. An Experimental Approach“ erschien 1933 und markiert den Beginn der modernen experimentellen Hypnoseforschung. Die Abhandlung thematisiert seine Untersuchungen zur Hypnose, für die er auf Methoden der Experimentellen Psychologie zurückgriff, und stellt seine Ergebnisse vor. Für die Datenmessung während seiner hypnotischen Tests entwickelte Hull eine Reihe von neuartigen Apparaturen, die eine genaue quantitative Erfassung der Reaktionen der Probanden ermöglichten. Das Buch gilt bis heute als wichtiges Werk zum Thema.

Daneben gebührt Clark L. Hull, der seit 1930 in Yale lehrte, ein weiteres Verdienst: Er weckte das Interesse seines Studenten Milton Erickson (1901-1980), der zum bekanntesten Hypnoseforscher und Hypnotiseur des 20. Jahrhunderts werden sollte.